In kaum einem anderen Bundesland sparen die Bürger so eifrig auf Wohneigentum wie in Baden-Württemberg: Auf 1.000 Einwohner kommen hier 424 Bausparverträge, im Vergleich zu lediglich 325 Verträgen im Bundesdurchschnitt. Doch wie wohnen die Menschen hier? Sind sie ebenso fleißige Häuslebauer wie Bausparer? Und welchen Einfluss haben etwa die aktuellen Niedrigzinsen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf die Bau- und Kaufaktivitäten im Ländle? Antworten auf diese Fragen gibt die kürzlich vorgelegte Studie „Bausparen, Bauen und Wohnen in Baden-Württemberg“, auf die der Vorstandsvorsitzende der Wüstenrot Bausparkasse AG Bernd Hertweck hinweist. Der von der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen (ARGE) beim Forschungsinstitut empirica in Auftrag gegebene Bericht wirft einen detaillierten Blick auf den Wohnungs- und Immobilienmarkt und die Themen Wohneigentum und Bausparen in Baden-Württemberg.
Bernd Hertweck: Wohneigentum und Niedrigzinsen nicht immer eine nutzbringende Verbindung
Die Einwohner in Baden-Württemberg halten nicht nur mehr Bausparverträge als der durchschnittliche Bundesbürger, die Verträge fallen auch deutlich höher aus: Gegenüber dem Bundesdurchschnitt von knapp 11.000 Euro beträgt die durchschnittliche Bausparsumme je Einwohner in Baden-Württemberg knapp 16.000 Euro. Auch beim Wohneigentum sind die Bewohner im Ursprungsland des Bausparens an der Spitze: 56 Prozent der Haushalte nennen Immobilien ihr Eigen (Bundesdurchschnitt 49 Prozent), 51 Prozent wohnten in eigenen Haus oder in ihrer Eigentumswohnung – in der restlichen Republik können das lediglich 44 Prozent der Bürger von sich sagen. Doch zu einer der wichtigsten Schlussfolgerungen, die sich nach Einschätzung von Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck aus der aktuellen empirica-Studie ziehen lassen, gehört die Tatsache, dass der Wunsch nach Wohneigentum sogar noch deutlich höher liegt, die aktuellen Rahmenbedingungen jedoch gegen potenzielle Eigentümer arbeiten.
Quelle: Verband der privaten Bausparkassen, Bundesgeschäftsstelle Bausparkassen, Statistische Ämter des Bundes und der Länder (dl-de/by-2-0), empirica-Berechnungen
Das seit Jahren den Finanzmarkt beherrschende Niedrigzinsniveau bedeutet für potenzielle Bauherren im Prinzip günstiges Baugeld. Doch im Hinblick auf die Vermögensbildung und den Kapitalaufbau für den Immobilienerwerb bedeuten die Niedrigzinsen für viele eher ein Hindernis. Denn die niedrigen Zinsen haben nicht nur aufgrund der schrumpfenden Zinserträge das konventionelle Sparen zunehmend unattraktiv gemacht, sie haben auch die Immobilienpreise in die Höhe getrieben. Je höher die Kaufpreise, desto höher auch das aufzubringende Eigenkapital. Genau in diesem Punkt liegt aus Sicht von Bernd Hertweck von der Wüstenrot Bausparkasse die aktuelle Problematik: Die niedrigen Zinsen erschweren das Sparen und somit die Eigenkapitalbildung und erhöhen gleichzeitig laufend die Eigenkapitalschwelle. Ein Zusammenwirken widriger Umstände, das für viele eine unüberwindbare Hürde auf dem Weg zum Wohneigentum darstellt.
Immer weniger Bausparprämienberechtigte
Die Wirksamkeit des Bausparens als Finanzierungsinstrument fußt auf seiner doppelten Funktion: Der frühzeitigen Eigenkapitalbildung in Verbindung mit einem zinsgünstigen Darlehen. Im Zuge des politischen Bestrebens, Wohneigentum zu fördern, werden Bausparer mit der Bausparprämie bei diesem Bemühen vom Gesetzgeber unterstützt. Doch wie Bernd Hertweck betont, wird die Bewältigung dieser traditionellen Aufgabe der Bausparkassen als Partner für Bau- und Kaufwillige zunehmend erschwert, da selbst Durchschnittsverdiener immer häufiger aus dem Spektrum der Förderberechtigten fallen. Der Grund: Die Einkommensgrenzen wurden seit 1996 nicht mehr an die Preis – und Einkommensentwicklung angeglichen. Inflationsbereinigt müssten die Einkommensgrenzen laut der empirica-Studie heute bei knapp 35.000 Euro statt bei 25.600 Euro und für Verheiratete entsprechend bei knapp 70.000 Euro statt bei den aktuellen 51.200 Euro liegen.
Aufgrund dieser mangelnden Anpassung der Förderbedingungen sind zunehmend auch Jungverdiener vom Bezug der Wohnungsbauprämie ausgeschossen. Im Zusammenspiel mit den steigenden Immobilien- und Baulandpreisen und dem Anstieg der Grunderwerbssteuer haben sich somit mehrere Stellgrößen zu Ungunsten insbesondere junger Familien verändert. Das zeigt sich auch in konkreten Zahlen: Während 2007 noch neun Prozent aller 30- bis 44-jährigen Mieterhaushalte in Baden-Württemberg die erforderlichen Eigenmittel für eine Immobilienfinanzierung aufbringen konnten, so hat sich dieser Anteil zehn Jahre später um ein Drittel auf gerade einmal knapp sechs Prozent reduziert. Vor diesem Hintergrund sieht Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck seine Forderung an die Politik, die Rahmenbedingungen für Kauf- und Bauwillige zeitnah und grundlegend zu verbessern, um mehr Familien in ihr Eigenheim zu bringen, erneut untermauert.
Der vollständige Bericht „Bausparen, Bauen und Wohnen in Baden-Württemberg“ der empirica ag im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen ist hier zu finden.