Wenige Dinge gelten im In- und Ausland als so typisch deutsch wie der Bausparvertrag. Niedrigzinsen und internationale Regulierung erschweren die Rahmenbedingungen für diese Vorsorgeform jedoch. Wichtig ist deshalb, dass die Bausparkassen ihre Stimme in der öffentlichen Diskussion stärker erheben und für die Vorzüge ihres Produktes werben. Ein Schritt dazu war das erste Bausparsymposium, das dieser Tage von der Stiftung Kreditwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim in Stuttgart veranstaltet wurde. Die wissenschaftliche Seite repräsentierten dabei unter anderem die beiden Gastgeber, Professor Hans-Peter Burghof (Hohenheim) und Professor Stefan Kirmße von der Steinbeis Hochschule Berlin sowie Managing Director des zeb. Ebenso kamen politische Entscheidungsträger und zahlreiche Bausparpraktiker in Hohenheim zusammen – darunter auch die Wüstenrot Bausparkasse.

In der universitären Forschung gibt es eine Reihe von aktuellen Untersuchungen, die den Bausparkassen gewichtige Argumente für ihr Geschäftsmodell mit an die Hand geben und die in die Diskussion mit Regulierern und Aufsichtsbehörden verstärkt einfließen können. Ein Beispiel dafür sind neueste Forschungen des Gastgebers Professor Burghof, der nachweisen konnte, dass Kollektive für die Finanzierung von privatem Wohneigentum volkswirtschaftlich vorteilhaft sind und dabei auch zu höheren Eigentumsquoten führen können. Professor Marcel Tyrell von der Universität Witten/Herdecke wiederum gelang es nachzuweisen, dass das Bausparmodell eine gesamtwirtschaftlich hoch erwünschte Stabilisierung auf den heimischen Immobilien- und Finanzmarkt ausübt. Der Grund hierfür ist das antizyklische Verhalten der Bausparer, die zum Beispiel in Hochzinsphasen verstärkt Bauspardarlehen nachfragen, während Haushalte mit prozyklischer Finanzierung gerade dann Zurückhaltung üben. Ebenso gilt umgekehrt, dass Bausparer in Zeiten der Zinsbaisse lieber weitersparen, während am freien Hypothekenmarkt die Nachfrage heiß läuft.

Dieses antizyklische Verhalten dämpft wiederum das Preisniveau der Immobilien selbst, was für eine Volkswirtschaft größte Wichtigkeit besitzt, führte Tyrell in Hohenheim aus. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass ein übermäßiges Ausmaß an klassischen Immobilienkrediten der sicherste Indikator für eine folgende Immobilien- und Finanzkrise ist. Diesen Zusammenhang musste die internationale Gemeinschaft zuletzt 2008 bitter erfahren, als aus der amerikanischen Immobilienkrise schnell eine weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise erwuchs. Das Bausparen, so lässt sich diese Untersuchung interpretieren, könne hier als stabilisierendes Instrument auf den Immobilienmärkten und damit auch auf den Finanzmärkten wirken.

Anpassungen der Geschäftsmodelle bleiben erforderlich

Gesamtwirtschaftlich stellt das Bausparsystem somit eine deutliche Bereicherung für den Finanzmarkt dar. Zukunft gewinnt das Bausparen aber nicht alleine dadurch, sondern indem Tag für Tag immer wieder die Kunden von der persönlichen Vorteilhaftigkeit überzeugt werden. Die vier wesentlichsten Argumente „Pro Bausparen“ treten derzeit jedenfalls so klar zu Tage wie nie: Als Königsweg zur der frühzeitigen Eigenkapitalbildung, als unverzichtbare Zinsversicherung für kommende Zeiten, als Mittel zum stetigen und soliden Vermögensaufbau sowie – im großen Kontext des Veranstaltungsthemas – auch als Stabilitätsanker für die Finanzmärkte. In Zeiten der anhaltenden Niedrigzinsphase, der hohen Anzahl (teurer) regulatorischer Vorgaben und einem zunehmenden Kosten- und Wettbewerbsdruck muss sich aber natürlich auch das Bausparen anpassen. Die konkrete Zukunftsplanung der Bausparkassen und Adaptionen ihres Geschäftsmodells standen somit ebenfalls im Mittelpunkt der Hohenheimer Tagung.

Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck betonte in diesem Kontext erneut, dass Wohnen mehr als Bauen ist. Das heißt: Es geht darum, stärker zu vermitteln, dass Bausparen das geeignete Mittel zum Zweck ist, wenn es darum geht, den großem Wunsch der Menschen nach einer Immobilie zu erfüllen. Wüstenrot habe hier mit dem Wohnsparen, der Wohnwelt und weiteren Maßnahmen seine Hausaufgaben in den vergangenen Jahren gut erledigt. Und der Bedarf sei weiterhin enorm. Es fehlen in Deutschland 800.000 Wohnungen. Heute räche sich, dass es in den Jahren 2006 bis 2017 keine direkte Eigenheimförderung mehr gegeben habe. Zusammen mit steigenden Wohnungspreisen führe dies dazu, dass Wohneigentum insbesondere für jüngere Menschen in Städten kaum bezahlbar ist, erläuterte Hertweck. Der durchschnittliche Erwerber einer Immobilie ist heute 49 Jahre – und damit ein Jahrzehnt älter als vor wenigen Jahren.

Nie war Bausparen wertvoller als heute

„Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden war noch nie so ausgeprägt wie heute – allerdings war es auch selten schwieriger für junge Menschen, an die Verwirklichung dieses Traumes gehen zu können“, sagte Hertweck. Den in den zurückliegenden Jahren durch anziehende Baulandpreise, gestiegene Handwerkerkosten oder erhöhte Grunderwerbsteuersätze massiv erhöhten Kosten bei Bau oder Kauf einer Immobilie müsse etwas entgegengesetzt werden. Es sei daher gut, dass sich im neuen Koalitionsvertrag der Regierungsparteien klare Positionen zur Förderung der Wohneigentumsbildung, wie beispielsweise das brandaktuelle Thema Baukindergeld, finden. Für die Bausparkassen sei dabei die Weiterentwicklung der Wohnungsbauprämie der wichtigste Angriffspunkt, um insbesondere Familien, gerade auch unter dem Aspekt des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge, nachhaltig beim Erwerb solide finanzierten Wohneigentums zu unterstützen. Aus staatlicher Perspektive könne man damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die eigene Immobilie sei ein unverzichtbarer Beitrag für Vermögensbildung breiter Schichten und entschärfe perspektivisch die angespannte Lage auf den Wohnimmobilienmärkten.