Seit 2010 kennen die Preise für selbst genutztes Wohneigentum in Deutschland nur eine Richtung: Sie steigen und steigen. Auf Steigerungsraten von zwei bis drei Prozent pro Jahr zu Beginn der 2010er Jahre folgten jährliche Preissprünge von fünf bis acht Prozent. Auch im ersten Quartal 2021 stiegen die Preise nochmals um rund acht Prozent. Zurzeit vergeht keine Woche, in der in den Medien nicht darüber berichtet wird, verbunden mit Einschätzungen und Kommentaren zum Entstehen einer möglichen Immobilienpreisblase. Wüstenrot Vorstandsvorsitzender Bernd Hertweck weiß: Auch wenn dies von den Autoren dieser Artikel nicht immer so konkret benannt wird:  Die Sorge um eine platzende Immobilienpreisblase basiert letztlich stets auf Entwicklungen, die sich in den letzten Jahrzehnten im Ausland – insbesondere in den USA und auch in einigen europäischen Nachbarländern – zugetragen haben. In Deutschland ist ein solches Ereignis in der gesamten Nachkriegsgeschichte bemerkenswerterweise noch nicht vorgekommen – und dafür gibt es handfeste Gründe.

Kein überhitzter Bauboom in Sicht

Zunächst einmal ging mit allen derartigen Marktverwerfungen stets ein Bauboom einher. Das heißt, in der spekulativen Erwartung der Investoren, dass die Preise immer weiter steigen, investierten sie massiv und zeitgleich in immer größere Neubauprojekte. Bis zu dem Punkt, an dem offensichtlich wurde, dass ein Überangebot entstanden ist, das nicht mehr ausreichend Nachfrager finden wird. Dies ist dann der Moment, in dem die Blase platzt. Vom Aufbau eines solchen Überangebots an Wohnungen kann in Deutschland hingegen bis heute keine Rede sein, gibt Bernd Hertweck zu bedenken. Einem Bedarf von mindestens 350.000 neuen Wohnungen pro Jahr stehen weiterhin nur rund 300.000 Fertigstellungen gegenüber. Ein überhitzter Bauboom sieht anders aus. Die Gründe dafür wurden bereits vielfach benannt, und zu Abhilfe kommt es nur schleppend: zu wenig Bauland, überbordende Bauvorschriften, unterbesetzte Bauämter, Facharbeitermangel bei Bauunternehmen, Installateuren und Elektrikern. Aktuell kommt sogar noch eine Baustoffknappheit für bestimmte Güter hinzu. Diese Restriktionen haben, wenn man so möchte, aber auch das Gute, dass sie den Markt vor solchen Überhitzungstendenzen schützen.

Kreditsystem in Deutschland wendet Vorsichtsprinzip an

Eine weitere Zutat für eine solche Preisblasenentwicklung besteht darin, dass die spekulativ getriebenen und immer schneller hochgezogenen Wohnungen in wachsendem Maße kreditfinanziert werden – und zwar auch von Haushalten, die sich eigentlich gar keine eigene Immobilie leisten können. Dies sind die berüchtigten Subprime-Kredite. Auch diese Praxis gibt es in Deutschland nicht. Hierzulande herrscht im Geschäft mit Baufinanzierungen das Vorsichtsprinzip vor. Banken verlangen von den Käufern Eigenmittel, mit denen in jedem Fall die Erwerbsnebenkosten abzudecken sind. Außerdem haben wir bei der Kreditvergabe die Tradition festgeschriebener Zinssätze im Gegensatz zu vielen Nachbarländern mit angelsächsischer Finanzierungstradition und variablen Krediten. Und anstelle von Subprime-Krediten gibt es bei uns staatlich gefördertes Bausparen. Wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, wird eben erst noch ein paar Jahre vorgespart.

Sichtet man die ganzen Studien, die in Deutschland in den letzten Monaten zur Immobilienpreisentwicklung veröffentlicht wurden, so ist das Spektrum der getroffenen Aussagen durchaus beachtlich. Allen gemeinsam ist jedoch die Einschätzung, dass mit spürbaren Preiskorrekturen weiterhin nicht zu rechnen ist, sondern dass die Preise vielmehr mittelfristig tendenziell noch weiter steigen werden. Der Chef des IW Köln, Michael Hüther, brachte es jüngst wie folgt auf den Punkt: Das Szenario, das in den letzten Jahren für die steigenden Immobilienpreise verantwortlich war – steigende Beschäftigung, steigende Reallöhne, zu geringe Bautätigkeit, fallende Zinsen und niedrige Inflation – wird sich in den nächsten Jahren so vielleicht nicht fortsetzen, aber es wird auch nicht komplett wegbrechen.

Im Hochpreisumfeld gilt umso mehr: Zur Traumimmobilie führen Maß und Ziel, meint Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck

Bernd Hertweck resümiert: „Ich kann einerseits zwar jeden Immobilieninteressierten verstehen, dem in den Hochpreisregionen angesichts von schnell gestiegenen Preisen ein wenig schwindelig wird. Dennoch gilt, dass Wohneigentum mit Darlehenszinsen um ein Prozent weiterhin erschwinglicher zu finanzieren ist als in Zeiten, in denen Kredite für den Haus- und Wohnungskauf mit vier, sechs, acht oder noch mehr Prozent zu bedienen waren. Wer also heute seine Traumimmobilie findet, der Preis im Marktvergleich nicht überhöht erscheint, ausreichend Eigenkapital mitbringt und die Finanzierungsrate – bei möglichst langer Zinsbindung – zum Einkommen passt: Der sollte kaufen.“