Fast jeder vierte zur Miete lebende Stuttgarter plant den Bau oder Kauf einer eigenen Immobilie. Doch dieser Wunsch ist zurzeit oftmals nur schwer realisierbar. Denn weil der Wohnimmobilienmarkt in Stuttgart von einer sehr hohen Nachfrage beherrscht wird, kann das Angebot an geeigneten Wohnhäusern oder Wohnungen dieser Situation vielfach einfach nicht gerecht werden. Sowohl in Stuttgart selbst, als auch in den umliegenden Landkreisen, steigen die Miet- und Kaufpreise kontinuierlich. Die angespannte Lage auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt skizziert Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse, in einem aktuellen Fachartikel in der Börsen-Zeitung – und der Bausparexperte zeigt zugleich ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten auf.

Bernd Hertweck sieht Handlungsbedarf – auch bei der Stadt Stuttgart

Stuttgart ist seit Jahren beliebt und gehört auch aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile zu Deutschlands populärsten Wohnregionen, hebt Hertweck hervor. Doch diese Popularität hat auch ihren Preis: Miet- und Immobilienpreise steigen parallel zur wachsenden Nachfrage nach Wohnräumen – vor allem in begehrten Lagen. Ein Ende dieser Dynamik ist derzeit nicht in Sicht – und wird auch von den Bürgern kaum erwartet. Vielmehr sind sich laut einer aktuellen Umfrage von TNS Infratest im Auftrag von Wüstenrot rund 80 Prozent der Befragten sicher, dass die Immobilienpreise in den nächsten fünf Jahren weiter steigen werden. So bewertet auch Bernd Hertweck die Situation des Wohnimmobilienmarktes in Stuttgart kritisch und verweist darauf, dass aktiver Handlungsbedarf seitens der Stadt Stuttgart besteht, innovativere Wohnkonzepte zu entwickeln um der Nachfrage adäquat zu begegnen. Eine Lösung sehen die Stuttgarter selbst zum Beispiel in der Möglichkeit, durch die Umnutzung von Bestandsgebäuden der Wohnraumknappheit entgegenzuwirken. So sind 85 Prozent davon überzeugt, dass der Umbau von ungenutzten Büroräumen zu neuen Wohnlösungen die angespannte Situation von Angebot und Nachfrage auflockern könnte. Mehr als 40 Prozent sprechen sich TNS zufolge außerdem dafür aus, bereits vorhandene Stadthäuser „aufzustocken“. So sehen die Stuttgarter die Lösung für den Wohnimmobilienmarkt nicht zuletzt in einer verstärkten Nutzung und Erweiterung bereits vorhandener Immobilien – parallel zum Neubau von Wohnraum.

Bau von kostengünstigen Wohnlösungen: Entspannung auf dem Wohnungsmarkt

Der Wunsch, ein Eigenheim zu besitzen, ist in Stuttgart traditionell besonders hoch – die Schwaben sind nach wie vor echte „Häuslebauer“: Während in Deutschland insgesamt etwa 6 Prozent aller Befragten für die nächsten Jahre den Kauf oder Bau einer eigenen Immobilie planen, liegt der Wert in Stuttgart und Umgebung bei stattlichen 13 Prozent. In Stuttgart selbst will sogar rund jeder Vierte nicht „für immer“ Miete zahlen, sondern in Zukunft in eine eigene Immobile investieren.

Bernd Hertweck nennt an dieser Stelle die Neuschaffung von kostengünstigem Wohnraum als zweiten erfolgversprechenden Lösungsansatz, um der momentanen Situation entgegenzuwirken. So sieht er die Stadt Stuttgart in der Pflicht, insbesondere für Familien mehr bezahlbare Wohnmöglichkeiten zu schaffen. Denn dass die Situation des Immobilienmarktes sich in naher Zukunft „von selbst“ zum Positiven ändert, erscheint kaum realistisch. Hier ist das Engagement aller Beteiligten gefordert, um das Image der „familienfreundlichen“ Großstadt zu erhalten.

Stuttgarter lassen sich den Traum
vom Eigenheim einiges kosten

Studien zeigen: Viele Stuttgarter ziehen – sofern Sie die finanziellen Möglichkeiten haben – mit dem hohen Preisniveau ihrer Region mit. So wäre jeder zehnte Befragte bereit, mehr als eine halbe Millionen Euro für die eigene Immobile anzulegen. Immerhin vier von zehn Befragten wäre der Wunsch vom Eigenheim zwischen 250.000 und 500.000 Euro wert. Beinahe die Hälfte der Umfrageteilnehmer ist jedoch nicht in der Lage, mehr als 250.000 Euro in die eigene Immobilie zu investieren. Nicht zuletzt aus diesem Grund scheint auch die Möglichkeit, in ländlichere und somit kostengünstigere Regionen ins Stuttgarter Umland zu ziehen, eine günstige Alternative zu sein.

Doch trotz deutlich niedrigerer Preise in der Region möchte der Großteil der Stuttgarter die Vorteile des Stadtlebens nicht aufgeben. So kommen für die Mehrheit Immobilien, die weiter als eine dreißigminütige Fahrzeit von der Stuttgarter Innenstadt entfernt sind, von vorneherein nicht in Frage. Der Wunsch, in City-Nähe zu leben und die Reize der Metropole zu erleben, lässt sich offensichtlich auch mit der Aussicht auf kostengünstigere Immobilien nicht mindern.

Die Infrastruktur zählt

An die Außenbezirke und ländlichen Regionen haben die Stuttgarter hohe Erwartungen. So erwarten 89 Prozent eine gute Verkehrsanbindung und 88 Prozent eine gute Infrastruktur mit ausreichenden Möglichkeiten zur Kinderbetreuung, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Kulturangeboten unmittelbar vor Ort. Ganze 82 Prozent ziehen einen Umzug außerhalb von Stuttgart nur bei einem erheblichen Preisnachlass von 35 Prozent überhaupt erst in Erwägung. Rund die Hälfte derjenigen, für die der Kauf einer Immobilie auf dem Land in Frage kommt, sind primär an dem Erwerb eines Einfamilienhauses interessiert.

Insbesondere für Familien mit Kindern, aber auch für Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen über 2.500 Euro, ist das Einfamilienhauskonzept ansprechend. Single- und Rentnerhaushalte bevorzugen stattdessen eher Eigentumswohnungen oder auch Mehrgenerationenhäuser. Doch in jedem Fall muss der Raum für Neuimmobilien erst einmal vorhanden sein. Immobilienspezialist Bernd Hertweck hebt in diesem Zusammenhang zwei zu lösende Probleme hervor: „Es müssten mehr Bauflächen bereitgestellt werden, und es müsste mehr Möglichkeiten geben, bezahlbaren Wohnraum zu erwerben, auch durch Anreize wie etwa eine Eigenheimzulage.“

Wohnimmobilien: Worauf es
den Stuttgartern ankommt

Neben günstigen Bauflächen einer guten Infrastruktur ist aber noch mehr gefordert. 75 Prozent wünschen sich zudem eine energetisch sanierte Immobilie. Und auch eine gute Anbindung an die ÖPNV ist für zwei Drittel ein wichtiger Aspekt bei dem Kauf eines Eigenheims. Außerdem legen die Befragten großen Wert darauf, ihre Immobile auch langfristig – das heißt: auch im Alter – weiter selbst nutzen zu können. So nennen ganze 59 Prozent Aspekte wie Barrierefreiheit oder eine seniorengerechte Bauweise als Schlüsselfaktoren für die Entscheidung beim Bau oder Erwerb, wie Bernd Hertweck zusammenfasst.

Sozialer Wohnungsbau im Fokus

Wenn auch der Schwerpunkt der repräsentativen Umfrage von TNS-Infratest auf dem Erwerb von Immobilien liegt, so wird ebenso der dringende Bedarf an günstigen Mietwohnungen offensichtlich. „Wir brauchen auch ein Programm zum sozialen Mietwohnungsbau“, kommentiert Bernd Hertweck das repräsentative Meinungsbild. „Da hat sich in den vergangenen Jahren viel zu wenig getan. Sehr zu begrüßen war daher der Vorstoß der Politik, privates Kapital für sozialen Mietwohnungsbau durch ein Sonderabschreibungsprogramm zu mobilisieren. Aber das ist leider bisher versandet“, resümiert Bernd Hertweck.

Somit stellt der Artikel in der Börsen-Zeitung klar: Es gibt in jedem Fall für die Stadt Stuttgart noch viel zu tun, um bessere Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Bevölkerungsgruppen sich ihren Wohnwunsch in der Landeshauptstadt erfüllen können.