Auf dem deutschen Immobilienmarkt wird es eng. Insbesondere in Ballungszentren wird das Angebot der zum Verkauf stehenden Wohnimmobilien zunehmend kleiner – und der Nachfrageüberhang treibt die Preise in die Höhe. Doch bei den Bausparkassen laufen die Geschäfte im Bereich der Baufinanzierung dank niedriger Zinsen erfreulich. Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse AG, gab kürzlich der Gießener Allgemeinen ein Interview und erläuterte seine positiven Erwartungen für den Abschluss des Geschäftsjahres 2018, aber auch seine Bedenken hinsichtlich der Bezahlbarkeit von Wohneigentum in Deutschland.
„Das baufinanzierungsgetriebene Neugeschäft der Bausparkassen ist Jahr für Jahr besser und wird auch 2018 zu einem guten Ergebnis kommen“, sagt Bernd Hertweck. Seine Schätzung für das Baufinanzierungsgeschäft der gesamten Branche: ein gesundes Plus von rund fünf Prozent für das Jahr 2018. Für die eigene Bausparkasse Wüstenrot rechnet er zum Jahresabschluss im Bereich der Baufinanzierung sogar mit einem Plus von bis zu zehn Prozent.
Zielsparen leidet, wenn Menschen Wohneigentum für unerreichbar halten
Doch obwohl insbesondere Modernisierungen und Renovierungen im Zusammenhang mit dem Immobilienkauf das Geschäft der Bausparkassen beflügeln, sieht Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck aktuelle Entwicklungen durchaus kritisch. Seine Besorgnis: Die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland sorge zunehmend dafür, dass sich Kaufwillige die eigene Immobilie nicht mehr leisten können. „Es kann nicht sein, dass die Mitte der Gesellschaft sich in einer Zeit, in der die Wirtschaft prosperiert und die Steuern sprudeln, von dem Gedanken verabschieden muss, jemals Wohneigentum zu besitzen“, betont Hertweck. „Im Vermögensvergleich sehen wir, dass Deutschland immer weiter abrutscht, obwohl das Land wirtschaftsstark ist.“
Insbesondere das zielgerichtete Sparen, beispielweise für den Erwerb von Wohneigentum, sieht er durch diese Entwicklung gefährdet. Denn Zahlen der Landesbausparkassen zeigen, dass Menschen, die für die eigenen vier Wände sparen, unabhängig vom Einkommen mehr Vermögen aufbauen als andere. Um das notwendige Eigenkapital für den Immobilienkauf zu bilden, versagen sich diese Sparer seiner Einschätzung nach so manche Konsumfreuden. Doch wer Wohneigentum für sich als unerreichbares Ziel erachte, der stelle womöglich die Sinnhaftigkeit von Sparanstrengungen infrage. „Es leidet dieses Zwecksparen oder Zielsparen“, befürchtet Hertweck.
Positive Erwartungen setzt der Wüstenrot-Chef jedoch in die politischen Signale des Wohngipfels im September vergangenen Jahres. Im Rahmen dieses Gipfels wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Sicherung bezahlbaren Wohnens zusammengestellt. Neben dem langerwarteten Baukindergeld und der Mobilisierung von bundeseigenen Grundstücken beinhaltet das Paket Milliardeninvestitionen in den sozialen Wohnungsbau. Zielsetzung der gebündelten Maßnahmen ist der Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen. „Die Beschlüsse des Wohngipfels könnten sukzessive dazu führen, dass sich die Stimmung pro Wohneigentum verbessert“, fasst Bernd Hertweck seine Hoffnungen zusammen.